Der 24. Juni ist vielleicht der wichtigste Tag im ganzen Rhabarberjahr. Hier erfĂ€hrst du, warum das so ist – und noch einiges mehr… đ
Transkript des Videos:
Eigentlich wĂ€re ich nie auf die Idee gekommen, ein Video ĂŒber Rhabarber zu machen. Seit ich klein bin, gehört der einfach wie selbstverstĂ€ndlich in den Garten. Genau genommen sind meine jetzigen Pflanzen sogar direkte Nachfahren unseres 70er-Jahre-Rhabarbers, aber dazu spĂ€ter mehr. FĂŒr mich stand der einfach immer rum, sah gut aus, wurde geerntet, zu leckeren Sachen verarbeitet und fertig.
Dann kam die Sache mit dem Rezept. Ich mache ja wahnsinnig gerne Rhabarberkuchen und habe auch vier oder fĂŒnf alte Lieblingsrezepte, aber ich dachte, probiere ich einfach mal was Neues. Im Web fand ich einige, die richtig lecker klangen. Bei der Zutatenliste las ich aber: 300 Gramm Rhabarber (3 Stangen). Das hielt ich zuerst fĂŒr einen Tippfehler. Wenn ich 300 Gramm Rhabarber brauche, muss ich meistens von einer Stange etwas abschneiden. Beim nĂ€chsten Rezept aber wieder: 500 Gramm Rhabarber (4-5 Stangen). Redeten wir hier von der gleichen Pflanze?
Erst da habe ich mal genauer in die Kisten in der GemĂŒseabteilung geguckt, an denen ich sonst achtlos vorbei gelaufen war. Diese traurigen StĂ€ngchen waren tatsĂ€chlich als Rhabarber beschildert. Und von denen braucht man dann fĂŒr einen Kuchen schon eine ganze Menge, obwohl sie geschmacklich bestenfalls im unteren Mittelfeld rangierten. Ich habâs ausprobiert. Da habe ich dann ĂŒberlegt, was man machen muss, damit der Rhabarber so mickrig bleibt. Zwei Punkte scheinen mir da besonders wichtig zu sein, und die sage ich dir jetzt mal. Der erste ist:
Rhabarber vortreiben
NatĂŒrlich kann ich es im FrĂŒhjahr immer kaum erwarten, bis die ersten saftigen und gar nicht so sauren Rhabarberstangen geerntet werden können. Von mehreren GĂ€rtnern habe ich aber gehört, dass man die erste Ernte durch das Vortreiben deutlich frĂŒher haben kann. Dabei kann man entweder die Pflanzen dick in Laub und Reisig einpacken, was in meinen Augen aber ganz normaler Winterschutz ist, oder aber man bringt sie im Dunkeln dazu, auszutreiben, zum Beispiel ausgebuddelte WurzelstĂŒcke im Keller, oder aber mit einem KĂŒbel ĂŒber den Pflanzen drauĂen.
Letzteres haben wir dieses Jahr mal ausprobiert, und was soll ich sagen? Die Ernte war tatsĂ€chlich ein bis zwei Wochen frĂŒher möglich, aber guck dir mal diese dĂŒnnen StĂ€ngchen an. Die werden auch nicht mehr dicker. Selbst die, die zur normalen Wachstumszeit nachkommen, bleiben dĂŒnner. Na ja. So viel zu Methode eins. Die zweite ist:
Rhabarber bis in den Herbst ernten
Das habe ich mal bei einem Freund gesehen, und dessen Rhabarber war nicht mal halb so dick wie die mickrigen Dinger aus der GemĂŒsetheke; der wĂ€re locker als Pestwurz durchgegangen. Na gut, das war jetzt echt gemein. Von den Pflanzen hatte ich leider kein Foto gemacht. FĂŒr Rhabarber gibt es eine ganz alte Regel, nĂ€mlich dass der nur bis etwa zur Sommersonnenwende geerntet werden sollte. Danach hat er einfach zu viel OxalsĂ€ure, und die Pflanze braucht genau wie z.B. Spargel ganz dringend die Erholung, damit sie im kommenden Jahr wieder schön krĂ€ftig wĂ€chst. Also: lange Ernte, mickriger Rhabarber als Variante zwei.
Das will doch kein Mensch! Also ich zumindest nicht. Und damit klar ist, wovon wir hier reden, zeige ich dir mal ein Ă€lteres Foto, noch dazu im Regen aufgenommen, von meinem Rhabarber, den ich auf einer Holzbank zwischengelagert hatte, auf der man mit etwas Gequetsche zu dritt sitzen kann. DAS ist Rhabarber! Solchen kannst du auch haben, und zwar ganz ohne MĂŒhe. Deshalb begleiten wir meinen jetzt mal durch die Saison, und ich beantworte nebenbei einige Fragen, z.B.:
Wie dĂŒnge ich meinen Rhabarber?
Rhabarber ist ein Starkzehrer, der eigentlich recht viel Futter braucht, aber bei mir bekommt er den Hauptschwung einfach in Form einer guten Ladung eigenem Kompost, den ich darĂŒbergebe, sobald der erste Austrieb zu erkennen ist. Unser Boden ist gĂŒnstiger Weise im leicht sauren Bereich, was ihm ja gefĂ€llt. Wenn ich daran denke, bekommt der Rhabarber im FrĂŒhsommer dann auch gerne noch ein- oder zweimal flĂŒssigen DĂŒnger wie z.B. Brennesseljauche oder Ă€hnliches. Sonst nichts. Das scheint ihm zu reichen, zumindest fĂŒr einige Jahre, darum kommt jetzt die Frage:
Wann pflanze ich den Rhabarber um?
Obwohl er es lĂ€nger an ein und derselben Stelle aushĂ€lt als die sieben Jahre, von denen man oft liest, macht es doch Sinn, den Rhabarber nach dieser Zeit entweder im spĂ€ten Herbst oder aber im zeitigen FrĂŒhjahr auszugraben. Nicht nur, dass der Boden langsam aber sicher ausgelaugt ist: Der Rhabarber wird dann einfach zu dicht, vor allem unterirdisch, und deshalb ist das auch der ideale Zeitpunkt, um ihn fĂŒr die Vermehrung zu teilen. Hier graben wir gerade â ein bisschen spĂ€t, weil er schon erste BlĂ€tter zeigt â  bei meinen Eltern im Garten welchen aus, der an einer ungĂŒnstigen Stelle wuchs, und der hat schon ganz schön dicke Wurzeln bzw. genauer Rhizome. Man bekommt den kaum aus der Erde. Die EinzelstĂŒckchen kommen dann an eine neue sonnige und warme Stelle des Gartens, und zwar in Erde, die mit schön viel Kompost angereichert wurde. Der Rhabarber muss sich da ja die nĂ€chsten Jahre dort wohlfĂŒhlen. Im ersten Jahr nach dem Teilen bzw. Umpflanzen muss er sich noch ein bisschen berappeln, manchmal lasse ich ihn dann erst mal in einem KĂŒbel, falls ich nicht auf Anhieb weiĂ wohin damit, und ich schwĂ€che ihn dann auch noch nicht durch Ernten. Im zweiten Jahr siehst du aber bei den direkt in den Boden gesetzten, wie die Pflanzen sich unterirdisch schon vermehrt haben und an deutlich mehr Stellen austreiben. Sobald der schön krĂ€ftig wĂ€chst, vertrĂ€gt er es auch, beerntet zu werden. Rhabarber im KĂŒbel anzubauen funktioniert ĂŒbrigens nur bedingt, denn der wird nach einigen Jahren einfach zu groĂ und bekommt dann nur recht kurze Stangen. Als Notlösung oder bis der endgĂŒltige Platz feststeht, ist das aber möglich. Weil unsere alte Supersorte im Bekanntenkreis so beliebt ist, aber nur alle sieben Jahre neue RhizomstĂŒcke von uns verteilt werden, stellte sich mir irgendwann die Frage:
Kann man Rhabarber durch Samen vermehren?
Das Teilen der Rhizome ist die schnellste Methode, an neue Pflanzen zu kommen. Mit viel Geduld und etwas GlĂŒck kann man aber ganz viele Jungpflanzen erhalten, wenn man den Rhabarber blĂŒhen lĂ€sst und die Samen sammelt. Die brauchen wohl dann mindestens ein Jahr lĂ€nger, bis brauchbarer Rhabarber daraus wird, aber macht ja nichts.
Ich gestatte den BlĂŒten sowieso immer, sich zu entfalten. Ganz viele GĂ€rtner brechen die sofort aus der Pflanze, weil sie ErnteeinbuĂen befĂŒrchten, dabei werden das so unglaublich schöne und wirklich riesige BlĂŒten. Ich mag die sehr gerne, und nicht nur ich, wie du hier sehen kannst. Und jetzt sei mal ehrlich: Sieht das hier nach ErnteeinbuĂen aus? FĂŒr mich nicht.
Nach dem VerblĂŒhen kann man die Samen einfach absammeln und im ganz zeitigen nĂ€chsten FrĂŒhjahr aussĂ€en. Bis zum armdicken Rhabarber dauert das aber dann doch eine Weile. Selbst im zweiten Jahr sind die Pflanzen noch mickrig im Vergleich zu ihren durch Teilung gewonnen Artgenossen, wohl schon fast genauso widerstandsfĂ€hig. Ohnehin ist der Rhabarber ja mehr oder weniger das Erste, das sich jedes Jahr durch den Schnee kĂ€mpft. Der ist einfach unglaublich robust. Also unsere alte Sorte zumindest. Wie das mit den inzwischen erhĂ€ltlichen NeuzĂŒchtungen ist, kann ich dir nicht sagen, weil ich die nicht habe. Kommen wir aber jetzt zu dem Teil, der echten Genuss verspricht:
Wie ernte ich Rhabarber?
Ich habe mal in einem Film gesehen, wie Leute die Stangen einfach mit einem groĂen Messer abhackten. Der Rest vergammelte dann an der Pflanze. Sowas mache ich nicht. Ich breche sie ganz vorsichtig aus dem Herz der Pflanze und achte genau darauf, dass das Innere unverletzt bleibt, denn von dort kommen ja schlieĂlich die neuen Stangen. Wenn man die Stangen ein bisschen hin- und herbiegt, macht es dann plötzlich âknackâ und sie sind ab. Manchmal sind Schnecken in den Pflanzen, aber sie fressen sie nicht nennenswert an. Ist denen wahrscheinlich zu sauer. Also Stangen vorsichtig zur einen und zur anderen Seite biegen, ablösen, fertig. Das Innere bleibt heil und liefert immer wieder neuen Rhabarber. Und jetzt siehst du auch, was ich mit dem Titel meinte. Gut, meine Arme sehen nicht allzu krĂ€ftig aus, und ein ganz kleines bisschen dĂŒnner ist der Rhabarber dann doch, aber schon toll, oder? Ich habe mal diese vier Stangen nach dem Entfernen der BlĂ€tter und Enden gewogen. Die passten zwar nur mit MĂŒhe auf die Waagschale, aber guck: Fast zweieinviertel Kilo. Vier Stangen. Ach so, fast vergessen: SchĂ€len muss ich den ĂŒbrigens fast nie, nur bei HagelschĂ€den oder Ăhnlichem. Das mit dem SchĂ€len lese ich ja auch immer und wundere mich. Der hier ist ganz zart.
Die Wochen, in denen ich ernten kann, sind immer viel zu schnell vorbei. Da hilft nur Vorsorgen. Deshalb kommt jetzt die Frage:
Kann man Rhabarber konservieren?
Wir machen ja leidenschaftlich gerne Kompott, und den habe ich auch mal in GlĂ€ser abgefĂŒllt, aber der schmeckte uns nach einer Weile nicht mehr. Deshalb mache ich lieber verschiedene Marmeladen daraus, seltener mal herzhafte Gerichte, auĂerdem unseren berĂŒhmten Rhabarberschnappes, und ich friere manchmal Kuchen auf Vorrat ein. Aber nie zu viel, denn Rhabarber kann man ganz leicht einfach roh in StĂŒcke geschnitten einfrieren, und er ist auch nach vielen Monaten noch schön. Sieh mal, das hier ist Baiserkuchen, den ich Ende MĂ€rz aus gefrorenem Rhabarber vom Vorjahr gemacht habe, und der war noch richtig saftig und schmeckte wie frisch. Wenn man den rechtzeitig erntet, hat man also dann doch das ganze Jahr ĂŒber Rhabarber.
Um das jetzt mal zusammenzufassen: Neben dem guten Standort, dem ausreichenden Nahrungsangebot, der Erntetechnik und der rechtzeitigen Teilung bzw. dem Umpflanzen scheint es mir am wichtigsten zu sein, dem Rhabarber seine wohlverdiente Ruhe zu gönnen, um auch ganz sicher im nÀchsten Jahr wieder solche dicken und leckeren Stangen ernten zu können. Er wird also sozusagen durch Nichtstun so schön. Klasse, oder?
Eine letzte Frage will ich aber noch beantworten, weil die mir schon so oft gestellt wurde:
Kann man mit RhabarberblÀttern Schnecken fangen?
Ja. Auf jeden Fall. Ich muss allerdings ein bisschen Geduld haben. Sieh mal, hier sind frisch im Garten ausgelegte BlĂ€tter, und da sind nach einem Tag kaum Schnecken drunter. Auch nicht nach zweien. Nach einer Woche sieht das schon anders aus, und sobald die BlĂ€tter richtig verrotten, hĂ€ngen die Schnecken da drauf wie blöde. Allerdings natĂŒrlich nicht den ganzen Tag lang, das heiĂt, genau wie sonst gucke ich also nicht in der Mittagshitze nach Schnecken, sondern morgens oder abends. Aber es funktioniert mit den BlĂ€ttern. Ich schwör!
Jetzt bleibt mir nur noch, uns allen eine tolle Gartensaison zu wĂŒnschen mit einer absolut traumhaften Rhabarberernte! Und wenn du noch zögerst: Setz dir welchen in den Garten! Du wirst es nicht bereuen J