Tomaten selber anbauen – Vom Keimling bis zur Köstlichkeit

Vom Keimling bis zur Köstlichkeit: Die eigenen Tomaten

Wenn du einmal Tomaten aus eigenem Anbau probieren durftest und sie dir gut geschmeckt haben, überlegst du vielleicht, selber welche anzubauen. Das geht ganz leicht, wenn du ein paar Tricks kennst. Jeder hat vermutlich seine eigenen; meine möchte ich hier mit dir teilen. Ich gehe das mal der Reihe nach durch. Das fängt ja schon an mit der Frage:

Welches Saatgut soll ich nehmen?

[Transkript des Videos:]

Ich könnte theoretisch einfach aus einer beliebigen gekauften Tomate die Kernchen raus pulen und einsäen. Tomaten aus dem Massenanbau sind aber meistens Hybride. Sie sind genau wie die Tomatensamen vom Discounter, Baumarkt oder oft auch Gartencenter extra so gezüchtet, dass sie in dieser einen Generation, der F1, das gewünschte Ergebnis liefern, in der nächsten aber schon nicht mehr. Das tun nur samenfeste Sorten, aus deren Kernchen immer wieder die gleichen Pflanzen werden. Die nehme ich noch aus anderen Gründen, die ich dir später erzähle. Falls du dich für dieses spannende und in meinen Augen lebenswichtige Thema interessierst, setze ich mal einen Link in den Text unter diesem Video. Sobald du eine gute Quelle für dein samenfestes Saatgut gefunden hast (Vorschläge siehe unten), stehst du aber vielleicht gleich vor der nächsten Frage:

Welche Sorte soll ich nehmen?

Meine Empfehlung ist da ganz eindeutig: Sieh nach, wie viele Pflanzen du unterbringen kannst, und dann nimm so viele Sorten wie möglich. Kleine und große, rote, gelbe, grüne, orange, schwarze, egal. Die Samen halten sich etliche Jahre, wenn du sie trocken und nicht zu warm lagerst. Die vielen Sorten sind in mindestens zweifacher Hinsicht sinnvoll. Zum einen sind ja die Geschmäcker so verschieden, dass dir vielleicht gerade die Tomaten am besten schmecken, die mir gar nicht zugesagt haben. Oder umgekehrt: Jemand hat dir die absolute Non-plus-ultra-Sorte empfohlen, die du aber einfach fade findest. Hättest du jetzt nur die, dächtest du vielleicht, och nö, selbst angebaute Tomaten sind doch nicht so mein Ding. Das wäre tragisch.

Eine größere Bandbreite an Sorten hat aber noch mindestens einen weiteren Vorteil. Jede Region hat ja ihr ganz eigenes Klima. Was bei meiner Schwester im Schwarzwald wächst, kümmert hier in der Nordeifel vielleicht vor sich hin. Von den Sorten, die ich im Laufe der Jahre ausprobiert habe, kamen einige mit unserem Wetter deutlich besser zurecht als andere. Wenn sich das dann noch überschneidet mit den Sorten, die mir besonders gut schmecken: Absolut perfekt!

Hier kommt jetzt auch ein weiterer Vorteil der samenfesten Sorten zum Tragen. Tomaten passen sich meiner Erfahrung nach besonders schnell an die ihnen gebotenen Bedingungen an. Nach wenigen Generationen und Auslese der am schönsten gediehenen Tomaten habe ich Pflanzen, die deutlich robuster und ertragreicher sind als ganz zu Anfang, wo sie ja wahrscheinlich von ganz woanders aufgewachsenen Pflanzen abstammten. Das klappt nicht mit F1-Hybriden, die in großen Massen und für das ganze Land oder womöglich die ganze Welt identisch gezüchtet werden. Solche regionalen Anpassungen erreichst du nur, wenn die Sorte im nächsten Jahr noch die gleiche ist. Nebenbei erlangst so die Macht über dein Saatgut zurück. Ab jetzt ist es deins. Du musst es nicht mehr kaufen, sondern kannst es selber herstellen. Dazu später mehr.

Streng genommen müssen wir hier wegen der Überlegungen zur maximal möglichen Anzahl der Sorten erst einmal die Frage dazwischenschieben:

Wohin pflanze ich meine Tomaten?

Wegen unseres kalten und nassen Wetters habe ich früher fast alle Tomaten im Gewächshaus angebaut. Freiland kannst du in der Nordeifel mehr oder weniger vergessen, sogar bei extra dafür geeigneten Freilandsorten. Da beneide ich immer die Kollegen in Österreich oder anderen Gegenden mit echtem Sommer.

Der Anbau im Gewächshaus hat aber nicht nur Vorteile. Es ist zwar schön warm, aber gerade wenn man abends gegen die Kälte Fenster und Türen schließt, bildet sich auf den Blättern schnell Kondenswasser, das den Pflanzen genau wie Regen nicht gut tut. Am schönsten wachsen sie bei mir an der überdachten Hauswand. Dort sind sie vor Regen geschützt, das Haus speichert ein bisschen die Wärme des Tages und der Wind kann trotzdem luftig durchpusten. Ich glaube inzwischen, Wärme ist noch wichtiger als Sonne. Seit ich so viele Tomatensorten habe, stehen die bei mir aus Platzgründen nicht nur an der Südostwand, sondern auch auf der anderen Hausseite, wo erst nachmittags Sonne hinkommt. Trotzdem reifen die Tomaten dort fast genauso schnell wie an der schöneren Wand. Das jetzt nur zur Beruhigung für diejenigen unter euch, denen nur ein Balkon zur Verfügung steht, der vielleicht nicht mal in die optimale Himmelsrichtung zeigt.

Wenn du also jetzt nachgesehen hast, wo überall Tomatenpflanzen hinpassen, und entsprechend Saatgut besorgt hast, kommt die nächste Frage:

Wann ist der beste Zeitpunkt für die Aussaat?

In unseren Breitengraden ist das meiner Meinung nach ganz klar der März. Da die Vegetationsperiode in der Eifel kurz ist, schaue ich sogar, dass ich in der ersten Märzhälfte alle Tomaten aussäe. In guten Jahren mit schönem Sommer werden die aber auch noch etwas, wenn ich sie Anfang April zeitgleich mit den Gurken und Kürbissen aussäe. Nach Jahren mit kalten und sonnenarmen Sommern, in denen im Herbst noch ganz viele grüne Tomaten an den Sträuchern hingen, habe ich natürlich auch mit früheren Aussaatzeitpunkten experimentiert. Das hat aber nicht viel gebracht, vielleicht deshalb, weil ich ohne Kunstlicht arbeite. Irgendwann im Juli waren dann doch alle Pflanzen gleich groß, egal ob ich sie Ende Januar oder Ende März gesät hatte. Also halten wir jetzt einfach schon mal den März als idealen Zeitraum fest. Kommt die nächste Frage:

Wie werden Tomaten ausgesät?

Manche Gärtner streuen Tomatensamen in großer Anzahl in kleine Kästchen. Das spart am Anfang viel Platz und Arbeit, aber ich vereinzle nicht gerne, weil ich immer das Gefühl habe, dass die Pflanzen durch noch so geringe Beschädigungen der Wurzeln einen kleinen Schock bekommen und erst nach einer Erholungspause weiter wachsen. Muss ja nicht sein. Deshalb fülle ich Anzuchterde, also solche ohne Kompostbeimischungen oder ähnliches, in spezielle Anzuchtkästen, und da kommt dann in jedes Fach möglichst nur ein Samenkorn, maximal zwei. Das ist auch wegen der vielen unterschiedlichen Sorten praktisch, weil ich die so direkt schön beschriften und auseinander halten kann.

Ich drücke mit dem Finger oder mit dem Ende eines Holzlöffels kleine Mulden in die Erde, so etwa einen halben Zentimeter tief, plusminus. Liegen die Körnchen tiefer in der Erde, könnten die Keime faulen, bevor sie das Licht erblicken, oder sie kommen gar nicht erst raus.

Also Kernchen in jede Mulde, etwas Erde darüber, ein bisschen mit lauwarmem Wasser, optimal Regenwasser besprühen oder gießen und dann den Deckel auf die Anzuchtbox. Danach kommen die ehrlich gesagt für ein paar Tage bei mir im Bad auf die Fußbodenheizung. Du willst nicht wissen, wie es dann bei mir aussieht… Zum Keimen brauchen die Tomaten ja viel Wärme. Sobald die Keimblättchen aus der Erde kommen, müssen die Pflanzen natürlich ans Licht. Das ist für die ersten Wochen bei mir nur am Fenster. Erst wenn die Tage wärmer werden, dürfen die Kleinen stundenweise nach draußen, und wenn sie dann größer und robuster sind, kommen sie vorübergehend ins Gewächshaus. Da können sie sich an den Rhythmus ‚tagsüber warm, nachts kühl‘ gewöhnen. Aber so weit sind wir eigentlich noch gar nicht. Erst einmal kommt jetzt die Frage:

Was passiert eigentlich zwischen Aussaat und endgültigem Auspflanzen?

In der Zwischenzeit sind die Tomatensämlinge natürlich den Anzuchttöpfchen entwachsen und brauchen Erde mit Futter. Da mische ich dann gerne Gartenerde mit Kompost, anfangs nur mit wenig, um die Jungpflanzen nicht zu überdüngen. Tomaten bilden ja bis ins hohe Alter entlang der Triebe so kleine Knubbel, aus denen, wenn sie in die Erde kommen, Wurzeln werden. Das mache ich mir jetzt zunutze, wenn die Jungpflanzen in größere Töpfe kommen. Ich setze sie jedesmal ein gutes Stück tiefer in die Erde, so dass sich oberhalb der schon vorhandenen viele neue Wurzeln bilden können. Falls so weit unten Blätter sind, mache ich die ab. In den jeweils größeren Töpfen können die Tomatenpflanzen dann erst mal schön weiterwachsen. So langsam werde aber dann nicht nur ich ungeduldig, sondern die Pflanzen glaube ich auch. Deshalb kommen wir jetzt gleich zur Frage:

Wann dürfen die Tomaten nach draußen?

Das ist im Frühjahr nach den letzten kalten Tagen, die hier oft noch nach den Eisheiligen kommen. Frost vertragen die Pflanzen nämlich gar nicht.

Jetzt kommen sie auch endlich in die großen Kübel, wo sie ausreichend Platz haben. Wenn du sie in dein Gewächshaus setzt oder in einer wärmeren Gegend wohnst, können sie natürlich schon eher an ihren endgültigen Platz, sogar an die gleiche Stelle wie im Vorjahr, denn Tomaten gehören zu den wenigen Pflanzen, denen das nichts ausmacht. Bei mir sind es eben Kübel, die ich mit Erde-Kompost-Gemisch befülle, etwas Sand für die gute Durchlässigkeit, eine halbe Handvoll Gartenkalk und eventuell noch ein bisschen Bio-Hornspäne unterhebe. Manchmal mische ich auch noch etwas Laub dazu, damit die Erde noch lockerer wird, denn Staunässe mögen Tomaten gar nicht. Pflanze rein, auch wieder tiefer als vorher, Stützstab rein, Pflanze locker festbinden. Fertig. Oder zumindest fast fertig. Es fehlt noch die wichtige Frage:

Wie schütze ich meine Tomatenpflanzen vor Krankheiten und Schädlingen?

Zwei Punkte machen die Pflanzen meiner Erfahrung nach besonders widerstandsfähig. Ich gieße sie nicht zu viel, und ich dünge sie auch nicht zu stark, sondern beides so gerade eben genug. In Kübeln können die sich ja nicht so gut selbst ernähren wie im Freiland oder im Gewächshausboden und brauchen ein bisschen mehr, weil sie nicht so tief wurzeln können. Im Lauf des Sommers bekommen sie hier und da ein bisschen Brennessel- bzw. Beinwelljauche oder Schachtelhalmbrühe und ab und zu etwas Bio-Gemüsedünger, den ich in flüssiger Form besonders praktisch finde. Als Gießwasser nehme ich angewärmtes Regenwasser. Ich stelle die Kannen erst mal in die Sonne oder ins Gewächshaus, denn kaltes Wasser mögen Tomaten nicht so gerne.

Auch in Kübeln ist eine Unterpflanzung sinnvoll, sowohl zur Bedeckung der Erde als auch zum Boden- und Pflanzenschutz. Bei mir kommen da Tagetes, Basilikum und entweder Zwiebeln oder Knoblauch zum Einsatz; letztere pflanze ich aber nie gemeinsam in einen Tomatenkübel, weil sie sich gegenseitig nicht so mögen.

Auch bei der besten Pflege gibt es aber hier bei mir drei Punkte, unter denen die Tomaten leiden können – bei dir vielleicht auch. Es heißt, eine der Hauptursachen für die gefürchtete Kraut- und Braunfäule seien Pilze der Gattung Phytophthora, die beim Gießen aus der Erde an die Pflanze kommen, wobei meiner Meinung nach mindestens genauso viele Sporen über die Luft übertragen werden, aber nun gut. Man kann neben den Wurzeln Tontöpfe eingraben und die Tomaten darüber gießen. Ich decke auch manchmal die Erde einfach mit schwarzem Vlies ab, das nebenbei noch dafür sorgt, dass sie nicht so schnell austrocknet und sich schneller erwärmt. Zusätzlich gegen Schnecken hilft eine Lage Schafwollpellets, die ja genau wie das Vlies die Erde vor dem Austrocknen schützt. Die Pellets streue ich auch manchmal unter die Kartoffeln, wie man hier sehen kann. Die haben den dritten Vorteil, dass sie als biologischer Langzeitdünger langsam und über die Vegetationsperiode verteilt Stickstoff etc. abgeben, also die Pflanze kontinuierlich mit Nahrung versorgen.

Seltener tritt bei meinen Pflanzen die Blütenendfäule auf, bei der die Spitzen der Tomaten braun werden. Diese Blütenendfäule entsteht, wenn nicht genügend Kalzium aus dem Boden in die Tomaten gelangt. Warum genau das so ist, darüber wird immer noch gestritten. Bei mir trat das nur an einer einzigen Sorte auf, da aber gleich mehrfach, und die habe ich dann einfach nicht mehr angebaut.

Die dritte Variante sind die Raupen der Gemüseeule, die extrem gefräßig sind und Blätter wie Früchte gleichermaßen vertilgen. Das Gemeine an den Biestern ist, dass man sich die Augen ausguckt und sie doch nicht findet, weil sie die Farbe der von ihnen gefressenen Tomatenblätter annehmen. Hier hatte ich mal Glück, eine zu entdecken. Meistens sind die super gut versteckt. Irgendwann sind sie aber weg, sogar schon nach wenigen Wochen, weil sie sich dann verpuppen und in schöne Nachtfalter verwandeln. Na ja. Man muss auch jönne könne…

Von anderen Hobbygärtnern habe ich gehört, dass es noch mehr Schädlinge gibt, die es auf die Tomatenpflanzen abgesehen haben, wie zum Beispiel die weiße Fliege oder bestimmte Milben, aber von denen bin ich bislang zum Glück verschont geblieben und kann dir deshalb nicht von meinen Erfahrungen mit deren Bekämpfung berichten.

Eine ganz entscheidende Frage haben wir aber noch gar nicht angesprochen:

Soll ich ausgeizen oder nicht?

Tomatenpflanzen bilden ja mehr oder weniger stark aus den Blattachseln neue Triebe, die so genannten Geiztriebe. Wenn man die entfernt, nennt man das ausgeizen. Bei Buschtomaten, Wildtomaten etc. geizt man sowieso nicht aus, aber bei Stabtomaten, die in die Höhe wachsen sollen, kann das durchaus sinnvoll sein. Manche Gärtner geizen grundsätzlich nicht aus, andere entfernen rigoros jeden einzelnen Seitentrieb. Ich fahre da so eine Art von Mittelweg, ziehe die Planzen also manchmal auch zwei- oder dreitriebig und lasse manchmal die ersten Geiztriebe vor dem Entfernen länger werden, um die Pflanze dadurch zu vermehren.

Natürlich habe ich mal ausprobiert, welchen Unterschied es macht, ob man die Seitentriebe dran lässt oder nicht. Ich habe eine Black Cherry wachsen lassen, wie sie wollte, und eine andere mehr oder weniger konsequent ausgegeizt. Die Erntemenge war ulkigerweise nahezu identisch, was aber an der Sorte gelegen haben kann, nur wuchs die eine Pflanze halt extrem in die Breite und die andere natürlich in die Höhe.

Wenn wie bei mir viele Sorten auf begrenztem Raum wachsen sollen, ist das Ausgeizen hilfreich, um zu erreichen, dass die Pflanzen schlank nach oben wachsen, also in die einzige Richtung mit wirklich genug Platz, und sich gegenseitig nicht so in die Quere kommen. Sie lenken – so die Theorie zumindest – mehr Energie in die Früchte und weniger in die zusätzliche Blattmasse. Ein guter Ansatzpunkt für Kritik, denn mehr Blätter bedeuten auch mehr Energiezufuhr durch die Sonne, die ja wiederum den Tomaten zugute käme. Das Argument mit dem benötigten Platz ist für mich dagegen plausibel, denn wenn so buschig ausladende Sträucher zu dicht beieinander stehen, können sie ja wiederum nicht ausreichend durchlüften und der Morgentau steht zu lange auf den Blättern, so dass viel schneller Krautfäule auftritt.

Nachdem die Frage zum Ausgeizen also mit einem klaren Jein beantwortet wurde und die Pflanzen schön vor sich hin wachsen, steigt die Ungeduld, und als nächste Frage kommt:

Wann kann ich die Tomaten ernten?

Bei den meisten Sorten würde vermutlich auch ein Laie auf Anhieb erkennen, ob sie reif sind. Das ist je nach Wetter und Region unterschiedlich; hier werden meistens Ende Juli die ersten reif, manchmal aber auch deutlich später. Manche Sorten schmecken aber besser, wenn sie kurz vor vollreif geerntet werden, und andere wie die Green Zebra kommen grün vom Strauch und schmecken bei zu später Ernte gar nicht mehr so gut, so dass man das ein bisschen austesten muss. Normalerweise erkennt man, ob die Tomaten reif sind, durch einen Trick. Die meisten Sorten haben oberhalb der Frucht so eine Art von Sollbruchstelle, einen knubbeligen Knick, an dem die Tomate sich ganz leicht vom Strauch ernten lässt – wenn sie denn reif ist. Einfach mit dem Daumennagel in diese Stelle drücken und die Tomate leicht in eine beliebige Richtung schwenken, schwupp ist sie ab. Praktisch, oder?

Die ersten Tomaten des Jahres sind für mich immer ein Hochgenuss, auf den ich mich monatelang gefreut habe. Jeden Tag sehe ich nach, ob noch eine reif ist und dann noch eine, und zwei Wochen später können wir dann richtig zulangen und jeden Tag frische Tomaten essen. Wieder zwei Wochen später kommt jedes Jahr die Phase, wo ich denke, was mache ich bloß mit so vielen Tomaten? Ich könnte sie ja an die Nachbarn verschenken, hätte ich nicht den taktischen Fehler gemacht, denen im Mai oder Juni meine überschüssigen Jungpflanzen aufs Auge zu drücken. Und da wären wir auch schon bei der drittletzten Frage, nämlich:

Kann man Tomaten konservieren?

Es gibt viele Rezepte zum süß-sauren Einlegen von Tomaten, auch von grünen; das geht fast genauso wie bei Gurken. Ich mag aber die Kombination von Tomaten und Essig nicht, weil ich finde, dass das Saure die Früchte einfach platt macht. Deshalb werden bei uns Unmengen extrem leckerer Sauce gemacht, die bis ins nächste Frühjahr reichen. Das Rezeptvideo verlinke ich dir mal; die Sauce ist wirklich ganz einfach.

Fast genauso gerne mag ich gedörrte Tomaten. Durch das Trocknen gewinnen sie noch mal zusätzlich an Aroma; der Geschmack ist einfach umwerfend. Und bei einer Tomatenschwemme ist das Dörren auch eine tolle Methode, um die Menge zu reduzieren. Es gibt noch viel mehr Rezepte für die Weiterverarbeitung von großen Mengen Tomaten. Das sind halt meine Favoriten. Ganz bestimmt findest du deine eigenen.

Mitten in der dicken Erntewelle wird es aber plötzlich Herbst; die Nächte werden kalt und der erste Frost droht. Man sagt ja, unter 10 Grad würden keine Tomaten mehr reifen und unter 5 Grad würden die Pflanzen das Wachstum komplett einstellen. Das kann ich so nicht bestätigen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich inzwischen einige wirklich eifeltaugliche Sorten herangezogen habe, aber die Pflanzen standen bei mir schon bei leichtem Nachtfrost noch draußen, mit zwei Lagen dünnem Vlies abgedeckt, und als danach drei warme und sonnige Wochen kamen, wuchsen und reiften die weiter, als wäre nichts passiert. Voreilig alles abbrechen muss also nicht unbedingt sein. Irgendwann in der zweiten Novemberwoche ist es hier aber dann doch so weit: Die Kraniche ziehen nach Süden, es wird Winter, und ganz viele Tomaten sind noch nicht reif, erst recht nach solchen Sommern wie 2017. Da stellt sich dann die vorletzte Frage:

Reifen grün abgepflückte Tomaten nach?

Das tun sie zum Glück. Einzige Voraussetzungen für das Einlagern von unreifen Tomaten sind nach meiner Beobachtung, dass sie schon etwa die endgültige Größe haben und dass sie unbeschädigt sind. Ich lege sie immer ganz vorsichtig in Kisten und lagere sie dunkel und leicht kühl, aber nicht zu kalt, weil sie sonst fleckig werden. Keller, die zu warm für Kartoffellager sind, dürften für Tomaten genau richtig sein. Dann hole ich sie so ins Warme und Helle, wie ich sie brauche, und sie nehmen in wenigen Tagen ihre eigentlich vorgesehene Farbe an. Dazu gelegte Äpfel können das durch ihre Reifegase noch beschleunigen. In den ersten Wochen schmecken die Tomaten noch fast wie frisch gepflückt. Später lässt das Aroma nach, aber da helfen dann wieder Geschmacksoptimierer wie das Dörren oder die Zubereitung einer leckeren Sauce. Manche Tomatensorten, vor allem kleinere wie die Black Cherry, die Ruthje oder das Gelbe Birnchen, behalten aber unter günstigen Bedingungen bis weit in den Januar hinein einen erstaunlich guten Geschmack – so gut, dass ich immer richtig froh über die Kleinen bin, weil ich noch keine Fremdtomaten kaufen muss. Deshalb teste ich auch jedes Jahr, welche Sorten sich sonst noch so lange lagern lassen bzw. welche man auch in der zweiten Winterhälfte noch roh essen kann, ohne das Gesicht zu verziehen.

Vor lauter Einkochen und Essen haben wir aber eine Frage ganz außer Acht gelassen. Die kommt jetzt als letzte:

Wie gewinne ich eigenes Saatgut?

Streng genommen muss ich da gleich mehrere Fragen beantworten. Dass ich die allerschönsten Früchte aussuche, um deren Samen für das nächste Jahr zu nehmen, versteht sich eigentlich von selbst. Nicht selbstverständlich ist der Zeitpunkt. Es heißt eigentlich immer, man soll von den ersten Tomaten die schönsten für die Vermehrung auswählen. Das mache ich auch vorsichtshalber, denn ich weiß ja nie, wie das Jahr wird und wie viele perfekte Tomaten da überhaupt noch kommen. Ich nehme aber möglichst auch noch einmal von den letzten schönen Früchten Samen. Die haben dann schon eine komplette Vegetationsperiode in der Nordeifel hinter sich, und wenn ich davon ausgehe, dass die sich an das regionale Klima anpassen, finde ich den späteren Zeitpunkt logischer.

Die aus der Tomate genommenen Kernchen gebe ich einfach in ein Sieb und spüle sie mit lauwarmem Wasser ab. Dann lasse ich sie trocknen – entweder zum Beispiel auf kleinen Tellern, wenn ich das Saatgut abzählen und weitergeben möchte, oder aber mit größerem Abstand zueinander auf Küchenkrepp, wenn ich im nächsten Jahr direkt eine Art von selbstgemachtem Saatband oder -teppich haben will. Gerade bei kleinsamigen Sorten finde ich das Küchenkrepp gut, weil man damit die Kernchen bei der Aussaat besser platzieren kann und sie einem nicht so schnell abhauen. Ab in Tütchen, schön beschriftet, optimal noch irgendwo das Erntejahr draufgeschrieben und fertig ist das eigene Saatgut. Dunkel und nicht zu warm gelagert halten Tomatensamen sich bis zu zehn Jahre, mindestens aber vier bis fünf.

Schon jetzt habe ich manchmal das Gefühl, dass gutes eigenes Saatgut so etwas wie eine Ersatzwährung ist, weil ich es gegen vieles eintauschen kann. Sollten wirklich mal schlechte Zeiten kommen, ist samenfestes eigenes Saatgut Gold wert, da bin ich mir sicher.

Du siehst, so schließt sich das Tomatenjahr. Nur wenige Wochen, nachdem ich die letzten gegessen habe, werden schon die nächsten ausgesät, und ich bin wieder sehr gespannt darauf, wie sie diesmal wachsen.

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